Insolvenzplan UND Restschuldbefreiung
In einem Beschluss vom 11.12.2020 hat das Amtsgericht Göttingen entschieden, dass trotz rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans in einem Insolvenzverfahren dem Schuldner auch die Restschuldbefreiung auf seinen Antrag hin erteilt werden kann (AG Göttingen, 74 IN 76/18 –, ZInsO 2021, 403 f.). In dem Insolvenzplan war eine Einmalzahlung vorgesehen, die mit Mitteln eines Dritten zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger an die Masse geleistet wurde und vom Insolvenzverwalter an die Gläubiger nach ihrer jeweiligen Beteiligung ausgezahlt wurde. Daneben sah der Plan vor, dass dem Schuldner durch das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung erteilt werden sollte. Der Schuldner beantragte das dann nach Bestätigung des Insolvenzplans auch. Da der Rechtspfleger, der dafür an sich zuständig gewesen ist, dies abgelehnt hat, entschied der Insolvenzrichter im Sinne des antragstellenden Schuldners und sprach die Erteilung der Restschuldbefreiung aus.
Diese Entscheidung überrascht mindestens auf den ersten Blick. Denn mit der rechtskräftigen Bestätigung des Insolvenzplans treten dessen Wirkungen mit der Erfüllung des Plans gegenüber allen Insolvenzgläubigern ein. Dies gilt ausdrücklich auch für die Gläubiger, die sich an dem Insolvenzverfahren nicht beteiligt haben, § 227 Abs. 1 InsO. Daher – so meinte es der Rechtspfleger – sei die – zudem vorzeitige – Erteilung der Restschuldbefreiung nicht erforderlich. Gegen eine Erteilung der Restschuldbefreiung spreche auch § 259b InsO, wonach Forderungen von Insolvenzgläubigern, die ihre Forderung bis zum Prüfungstermin in dem Verfahren zur Abstimmung über den Insolvenzplan nicht angemeldet haben, binnen eines Jahres verjähren. Würde man für diese Forderungen die Restschuldbefreiung erteilen, stünde dies in einem Widerspruch zu der nachträglichen Berücksichtigung, die für das Insolvenzplanverfahren ausdrücklich vorgesehen ist und zudem auch von der Rechtsprechung seit eh und je verlangt wird.
Dennoch führt das Amtsgericht aus, dass auch nach Bestätigung eines Insolvenzplans zusätzlich die Restschuldbefreiung erteilt werden könne. Das Gericht führt aus, dass der Schuldner daran das erforderliche Rechtsschutzinteresse habe. Zudem stehe in der Gesetzesbegründung zu § 245a InsO-E (SanInsFoG), dass dann, wenn der Schuldner einen zulässigen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung gestellt habe, im Zweifel anzunehmen sei, dass die Restschuldbefreiung zum Ablauf der Abtretungsfrist des § 287 Abs. 2 InsO zu erteilen sei.
Kritik: Die Entscheidung überzeigt nicht. Die Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans, dem die Gläubiger zugestimmt haben, entspricht gerade nicht dem Regelfall der Erteilung der Restschuldbefreiung nach Ablauf einer gesetzlich vorgesehenen Frist oder Zeit, bis deren Ende den Gläubigern das pfändbare Vermögen des Schuldners zu ihrer Befriedigung zusteht. Wenn der Schuldner einen Insolvenzplan akzeptiert oder gar vorlegt, entscheidet er sich gerade gegen diese für ihn günstigen staatlichen Eingriff. Da der Insolvenzplan auch ebenso wie die Restschuldbefreiung gegenüber allen Insolvenzgläubigern „greift“, ist das vom Amtsgericht eher postulierte als begründete Rechtsschutzinteresse nicht gegeben. Gleichwohl ist dem Schuldner auf der Basis dieser Entscheidung zu raten, mit der Vorlage des Insolvenzplans auch zu beantragen, dass ihm nach Verfahrensaufhebung die Restschuldbefreiung erteilt wird.