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Rechtsanwalt Jens Plümpe

Rechtsanwalt Jens Plümpe, LL.M. (Lond.)
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Sanierungsmoderation

Jens Plümpe
20. Juni 2022

Zu Beginn des Jahres 2021 ist das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) in Kraft getreten. Darin werden verschiedene rechtliche Wege zur Sanierung von Unternehmen außerhalb eines förmlichen Insolvenzverfahrens aufgezeigt. Einer davon, der sich gerade für eher kleine Unternehmen eignet, ist die Sanierungsmoderation. Sie ist geregelt in den §§ 94 ff. StaRUG. Vorgesehen ist danach, dass ein in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlicher Schuldner beantragen kann, dass zur Unterstützung bei ins Stocken geratenen Verhandlungen über den Umgang mit bestehenden Verbindlichkeiten seitens des Gerichts ein neutraler Sanierungsmoderator hinzugezogen wird.

Die Sanierungsmoderation kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn weder offensichtlich Zahlungsunfähigkeit noch — bei Kapitalgesellschaften und gleichgestellten Rechtsträgern — Überschuldung vorliegen. Die Sanierungsmoderation ist also als präventives Verfahren gedacht, um ansonsten absehbare Unternehmensinsolvenzen frühzeitig zu vermeiden.

Es handelt sich bei der Sanierungsmoderation um eine Moderation (= Unterstützung bei den Verhandlungen und Gesprächen) zwischen dem Schuldner und einem oder mehreren — vom angestrebten Vergleich betroffenen — Gläubigern. Es sollen in aller Regel also nicht alle Gläubiger an diesen Gesprächen teilnehmen, sondern nur die Gläubiger von großer Bedeutung. Der Sanierungsmoderator ist eine von Schuldner und Gläubigern unabhängige Person. Er steht insbesondere nicht im Lager des Schuldners. Seine Aufgabe besteht im Kern in der Vermittlung zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern im Sinne einer Lösung, die für alle Beteiligten die beste ist.

Zur Vorbereitung auf eine Sanierungsmoderation arbeitet sich der Moderator in die Geschäftsbücher und -papiere des Schuldners ein, um bestmöglich die Gespräche mit den Beteiligten führen zu können, indem er beispielsweise Lösungsvorschläge entwickelt. Zugleich ist er verantwortlich für eine inhaltlich richtige Berichterstattung an das Gericht, wenn vom Antragsteller eine Bestätigung des Sanierungsvergleichs angestrebt wird.

Ein förmliches oder konkretes Verfahren ist für die Sanierungsmoderation nicht vorgesehen. Form und Inhalt der Gespräche steht also zur freien Disposition der Beteiligten. Regelmäßig dürfte es so sein, dass verschiedene Szenarien aufgezeigt und berechnet werden, die bei alternativen Vorgehensweisen wahrscheinlich sind. Es steht also die freie Verhandlung von Interessen im Mittelpunkt.

Das Ziel der Sanierungsmoderation ist es, dass der Schuldner, bei dem es sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers v. a. um Kleinunternehmen handelt, unter Vermittlung eines Sanierungsmoderators eine einvernehmliche Lösung mit seinen beteiligten und wichtigsten Gläubigern zur Überwindung seiner wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten findet. Dies soll insbesondere durch die Ausarbeitung eines Sanierungsvergleichs geschehen, den das Gericht bestätigt.

Die Einleitung einer gerichtlich begleiteten Sanierungsmoderation setzt einen dahingehenden Eigenantrag einer restrukturierungsfähigen Person auf Bestellung eines Sanierungsmoderators an das zuständige Gericht voraus. Die Gläubiger des Schuldners haben, anders als im Insolvenzrecht kein Antragsrecht.

Die Angaben, die der antragstellende Schuldner zur Vorprüfung durch das Gericht machen muss, sollten sich ohne Weiteres aus seiner Buchhaltung ergeben. Auf dieser Basis kann das Gericht eine schnelle Vorprüfung durchführen. Die Voraussetzungen sind bewusst niedrig angesetzt, um den Zugang zu diesem freiwilligen Verfahren nicht unnötig zu belasten. Nur dann, wenn offensichtlich ein zwingender Insolvenzgrund vorliegt (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) ist eine Sanierungsmoderation zum Schutz vor Insolvenzverschleppung und zum Gläubigerschutz nicht möglich.

In dem Antrag ist der Gegenstand des Unternehmens darzustellen. Der Gegenstand des Unternehmens beschreibt den Tätigkeitsbereich des Schuldners. Bei juristischen Personen ist er jedenfalls in Kurzform dem Handelsregisterauszug bzw. dem Gesellschaftsvertrag zu entnehmen. Damit das Gericht besser versteht, worum es geht, bietet es sich an, weitergehende Ausführungen zu diesem Punkt zu machen. Weiter ist das Geschäftsfeld zu beschreiben, die Zahl der Beschäftigten, die Kundenstruktur und Absatzwege sowie die Finanzierungen, die das Unternehmen in Anspruch nimmt.

Zudem sind die wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten möglichst genau zu beschreiben. Eine gutachterliche Ausarbeitung zum Stadium der Krise wird von einem Schuldner nicht erwartet, denn eine zu hohe Anspruchshaltung brächte die Gefahr mit sich, dass der Schuldner auf umfangreiche kostenträchtige und zeitaufwändige externe Hilfe zurückgreifen müsste, obwohl der Sinn der Sanierungsmoderation ja gerade darin besteht, ein zeit- und kostensparendes Verfahren anzustoßen. Angegeben werden sollte jedoch, ob zeitnah eine Liquiditätskrise entstehen könnte, da dies das Ausmaß der Eile maßgeblich beeinflussen würde. Ferner sollte der Schuldner die aus seiner Sicht bestehenden Gründe für die Krise benennen. Dem Antrag auf Sanierungsmoderation ist auch ein Verzeichnis der Gläubiger und ein Vermögensverzeichnis beizufügen.

Der Schuldner hat seinem Antrag eine Erklärung zur Zahlungsfähigkeit und, im Falle einer juristischen Person, auch zur Überschuldung beizufügen. Beides darf noch nicht vorliegen.

Auf den Antrag des Schuldners hin erfolgt eine gerichtliche Prüfung durch das zuständige Gericht. Sofern alles stimmig ist und die Voraussetzungen als vorliegend erkannt werden, bestimmt das Gericht einen Moderator.

Die Anordnung einer Sanierungsmoderation wird nicht veröffentlicht. Ein Öffentlichkeitsschaden entsteht somit nicht. Die Bekanntmachung eines solchen Verfahrens würde die schon ohnehin bestehende Krise vertiefen. Ein wesentlicher Faktor für den möglichen Erfolg ist gerade die Vertraulichkeit der Gespräche.

Der vom Gericht bestellte Sanierungsmoderator steht unter der Aufsicht des Gerichts. Die Aufsicht auf die Einhaltung der Berichtspflicht beschränkt. Die Prüfung umfasst auch die inhaltliche Prüfung der Berichte, ob diese also die Mindestangaben enthalten. Eine Prüfung der Berichte auf eine komplette inhaltliche Richtigkeit ist damit aber nicht verbunden. Die Berichte dürfen nur nicht offensichtlich fehlerhaft sein, etwa von offensichtlich falschen Annahmen ausgehen.

Zu den Aufgaben des Sanierungsmoderators gehört es nicht, den Sanierungsvergleich auszuarbeiten. Dazu sind Schuldner und Gläubiger und Berater aufgerufen, da sie den Vergleich auch „leben“ müssen. Die Aufgabe des Sanierungsmoderators ist es also vielmehr, Missverständnisse aus dem Weg zu räumen und Hilfestellung zu geben. Damit steht die Begleitung des Schuldners und die Hilfestellung der beteiligten Gläubiger bei dem Aushandeln eines Sanierungsvergleichs im Vordergrund.

Grundlage der Sanierungsmoderation ist, dass der Schuldner nicht insolvenzantragspflichtig ist. Wenn der Sanierungsmoderator Erkenntnisse dazu hat, dass ein zwingender Insolvenzgrund vorliegt, hat er dies daher dem Restrukturierungsgericht sofort anzuzeigen.

Nach einer solchen Anzeige an das Gericht wird der Sanierungsmoderator abberufen.

Der Zeitraum der Bestellung eines Sanierungsmoderators ist grundsätzlich begrenzt auf zunächst drei Monate. Mit der Befristung ist der Anspruch einer zügigen Verfahrensdurchführung verbunden. Nur auf Antrag des Moderators und mit Zustimmung des Schuldners und der in die Verhandlungen einbezogenen Gläubiger kann der Zeitraum um bis zu weitere drei Monate verlängert werden.

Auch nach der Verlängerung des Drei-Monats-Zeitraum um weitere drei Monate kann die Sanierungsmoderation durch das Gericht nochmals verlängert werden, wenn der Schuldner die Bestätigung eines Sanierungsvergleichs beantragt. Das Sanierungsmoderation verlängert sich sodann bis zur Entscheidung über die gerichtliche Bestätigung des Vergleichs. Denn das Ziel der Sanierungsmoderation ist in der Regel der Abschluss eines Sanierungsvergleichs zwischen dem Schuldner und den beteiligten Gläubigern.

Bei positivem Abschluss der Vergleichsgespräche besteht also die Möglichkeit eines gerichtlichen Sanierungsvergleichs, in den nicht nur der Schuldner und die Gläubiger, sondern zur Flankierung auch Dritte einbezogen werden können.

Der Sanierungsvergleich ist die Bündelung der Verträge, die der Schuldner mit den beteiligten Gläubigern schließt und an der der Sanierungsmoderator mitwirkt. Der Abschluss des Sanierungsvergleichs verknüpft diese jeweils zweiseitigen Verträge. Damit wird erreicht, dass die Erbringung von Sanierungsbeiträgen durch einzelne Gläubiger nicht isoliert steht. Aufgrund der Sanierungsmoderation wird erreicht, dass alle Beteiligten Gewissheit haben, dass die anderen Beteiligten auch Sanierungsbeiträge leisten.

Inhaltliche Mindestanforderungen an den Sanierungsvergleich gibt das Gesetz nicht vor. In der Restrukturierungspraxis wird die konsensuale Lösung in einer so genannten Restrukturierungsvereinbarung dokumentiert, die die Sanierungsbeiträge im Einzelnen festhält, wie Stundungen, Prolongationen, Neukredit, Freigabe und Neubestellung von Sicherheiten, Anpassung der Vertragsbedingungen von Altkrediten, Gesellschafter- und Drittleistungen, Verkauf von nicht betriebsnotwendigem Vermögen und Reorganisationsmaßnahmen, die anschließend durch Einzelverträge erfüllt oder bereits als Anlage beigefügt werden.

Bei der gerichtlichen Bestätigung ist neben dem Sanierungsvergleich das zugrundeliegende Sanierungskonzept vorzulegen.

Der zwischen dem Schuldner und den sonstigen Beteiligten abgeschlossene Sanierungsvergleich wird auf Antrag des Schuldners durch das Restrukturierungsgericht bestätigt. Der Sanierungsmoderator hat zu den Voraussetzungen einer gerichtlichen Bestätigung des Vergleichs sowie des Vorliegens etwaiger Hinderungsgründe schriftlich Stellung zu nehmen. Zudem hat sich der Sanierungsmoderator dazu zu äußern, ob die dargelegte Krisenursache aus seiner Sicht mit den beschriebenen Maßnahmen nachhaltig beseitigt werden kann. Da es sich immer um eine Prognoseentscheidung handelt, dürfen insoweit keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Die Stellungnahme hat von daher nur dann explizit die Ablehnung des Vergleichs zu beinhalten, wenn die vorgesehenen Maßnahmen offensichtlich unzureichend sind.

Wenn ein Sanierungsvergleich vom Gericht bestätigt wird, ist er nur noch unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen anfechtbar, sodass Zahlungen des Schuldners im Rahmen eines gerichtlich bestätigten Sanierungsvergleichs damit im Falle eines späteren Insolvenzverfahrens nur noch unter engen Voraussetzungen angefochten werden können — dies dient der Absicherung der beteiligten Gläubiger. Die weitgehende Anfechtungsfreiheit erstreckt sich — trotz des unglücklichen Wortlauts des Gesetzes — auch auf die Erfüllungshandlungen des Schuldners, die der Umsetzung des moderierten Vergleichs dienen.

Inwieweit die Sanierungsmoderation in der Praxis erfolgreich sein wird, hängt u. a. davon ab, dass ihre Vorteile erkannt werden:

  • Die Anforderungen für die Verfahrenseinleitung sind niedrig.
  • Das Verfahren ist nicht öffentlich.
  • Die Moderation ist neutral und ergibt sich nicht aus einer Interessenvertretung des Moderators.
  • Der Sanierungsmoderator kann die Organisation und Kommunikation zwischen den Beteiligten lenken und beschleunigen.
  • Da nicht alle Gläubiger einen Sanierungsvergleich mit einzubeziehen sind, kann das Verfahren auf die wesentlichen „Stake-Holder“ begrenzt werden.
  • Am Ende kann ein anfechtungsfester Sanierungsvergleich stehen.

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass, solange ein zwingender Insolvenzgrund nicht vorliegt, die Sanierungsmoderation eine gute Möglichkeit bietet, bei einer erkannten Krise wesentlichen am Fortbestand des Unternehmens beteiligten Personen deutlich zu machen, dass etwas getan werden muss, bevor Schlimmeres passiert. Eine gelungene Moderation kann eine kostenmäßig günstige und wirtschaftlich gerade auch für die Gläubiger bessere Möglichkeit des Fortbestehens des Unternehmens sein als es ein Insolvenzverfahren wäre. Da der Schuldner das Verfahren einleiten muss, ist es insoweit erforderlich, dass er das Heft des Handelns in die Hand nimmt, bevor es zu spät und ein Insolvenzverfahren unvermeidlich geworden ist.   

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