Zur Anmeldung von Deliktsforderungen
(BGH, IX ZB 56/22 und AG Ludwigshafen, 3e IN 361/22)
Nach über 25 Jahren, in denen eine Restschuldbefreiung am Ende eines Insolvenzverfahrens erteilt werden kann, werden auch jetzt noch Probleme, die bisher ungeklärt waren, durch gerichtliche Entscheidungen für die Praxis gelöst.
In einem Beschluss vom 21.03.2024 (IX ZB 56/22) hat der BGH entschieden, dass bei der Anmeldung eines Schadensersatzanspruchs wegen einer vorsätzlich begangenen Verletzung einer Unterhaltspflicht der Anmeldung der konkrete Zeitraum zu entnehmen ist, für den der Schuldner Unterhalt geschuldet hat, in welchem Umfang der Schuldner nicht gezahlt hat und dass es sich aus der Sicht des Gläubigers um ein vorsätzliches Delikt des Schuldners handelt. Daraus folgt, dass dann, wenn der Anmeldung mindestens eines dieser Elemente nicht zu entnehmen ist, die Anmeldung als solche zwar in die Tabelle aufgenommen wird, der Schuldner dieser Anmeldung jedoch mit guter Aussicht auf Erfolg widersprechen kann, wenn beispielsweise der konkrete Zeitraum, für den der Unterhalt nicht gezahlt wurde, in der Anmeldung nicht angegeben ist. Aus taktischen Gründen sollte eine spätere Klage des Schuldners, die darauf zu richten wäre, dass das Deliktsmerkmal aus der Tabelle entfernt wird, erst nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens erhoben werden, da eine Nachbesserung seitens des Gläubigers dann nicht mehr zulässig sein dürfte.
In einer Entscheidung des AG Ludwigshafen (3e IN 361/22, Beschl. v. 12.12.2023) hat das Gericht entschieden, dass auch in Verfahren, in denen eine Restschuldbefreiung des Schuldners nicht erteilt werden kann, (etwa weil diese nicht beantragt wurde), dass Gläubiger dennoch Deliktsmerkmale zu ihren Insolvenzforderungen anmelden können. Das erforderliche rechtliche Interesse ergibt sich daraus, dass ein Insolvenzgläubiger nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens aus dem Tabelleneintrag wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben kann, wenn die Forderung festgestellt wurde und sie vom Schuldner im Prüfungstermin nicht bestritten wurde oder ein etwa erhobener Widerspruch beseitigt wurde.
Es ist anzunehmen, dass es dem Amtsgericht darum ging, dass in dem einzigen gerichtlichen Verfahren, das dem Gläubiger zur Verfügung steht, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet wurde, dieser die Möglichkeit haben muss, das Privileg einer deliktischen Forderung durch eine solche Anmeldung zu erlangen. Damit kann er nach dem Insolvenzverfahren die Einzelzwangsvollstreckung mit dem Privileg betreiben, dass der Schuldner sich ihm gegenüber nicht auf die üblichen Pfändungsfreigrenzen und sonstigen Schutzvorschriften gem. § 850 ff. ZPO berufen kann, wie das bei „normalen“ Forderungen der Fall ist.
Insofern ist es für den Gläubiger also ratsam auch dann, wenn der Schuldner eine Restschuldbefreiung nicht beantragt hat und diese daher im Insolvenzverfahren nicht erteilt werden kann, ein Deliktsmerkmal mit der eigentlichen Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden.