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Rechtsanwalt Jens Plümpe

Rechtsanwalt Jens Plümpe, LL.M. (Lond.)
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Zuschlagsversagung in der Teilungsversteigerung – Verstoß gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens (BGH, 5 ZB 43/23)

Jens Plümpe
20. September 2024

Der Bundesgerichtshof hatte in einem Rechtsbeschwerdeverfahren darüber zu entscheiden, ob die Versagung des Zuschlags durch das Versteigerungsgericht in einem Teilungsversteigerungsverfahren zurecht erfolgt ist.

Der Sachverhalt ist im Kern auf folgende Punkte zusammenzufassen: Die Parteien des Teilungsversteigerungsverfahrens waren geschiedene Eheleute. Der Verkehrswert des Grundstücks wurde auf 452.000,00 € festgesetzt. Die Erwerber mussten Grundpfandrechte in Höhe von 370.000,00 € übernehmen. Das Bargebot musste bei mindestens 10.211,47 € liegen. Der Beschwerdeführer war sowohl persönlich als auch anwaltlich im Termin vertreten. Es waren mehrere Bietinteressenten anwesend. Der Beschwerdeführer wies darauf hin, dass er einen Vollstreckungsschutzantrag „bedingt“ gestellt habe gem. § 765 a ZPO. Ferner legte er bereits im Termin Erinnerung gem. § 766 ZPO ein. Er legte zudem mehrere Mietverträge über diverse Räumlichkeiten des Einfamilienhauses vor und gab an, in dem Haus ein Gewerbe zu betreiben. Außerdem sei er pflegebedürftig und in den Pflegegrad III eingestuft. Er wies auch darauf hin, dass die Vermietung „an Ausländer“ erfolgt sei und dass der Erwerber dazu verpflichtet sei, bis zu 200.000,00 € an dinglichen Zinsen an die Grundschuldgläubiger zu zahlen. Außerdem sei es zu erwarten, dass aufgrund der Zerstrittenheit der geschiedenen Eigentümer es schwierig werden würde, die Bankverbindung des Grundschuldgläubigers herauszufinden.

Folge all dieser Schilderungen war es, dass keiner der anwesenden Bietinteressenten geboten hat. Der Beschwerdeführer hat selbst ein Bargebot in Höhe von 10.212,00 € abgegeben, das somit nur 0,53 € über dem Bargebot lag, und erwartete daraufhin den Zuschlag. Dieser wurde ihm vom Versteigerungsgericht nicht erteilt. Hiergegen wendete sich der Beschwerdeführer mit seiner Rechtsbeschwerde, über die der BGH zu entscheiden hatte.

Der BGH hat entschieden, dass die Zuschlagsversagung zurecht erfolgt ist gem. § 83 Nr. 6 ZVG. In § 83 ZVG sind verschiedene Fälle geregelt, aufgrund derer der Zuschlag in einem Zwangsversteigerungsverfahren zu versagen ist. Eine Auffangvorschrift, die alle nicht einzeln geregelten Fälle umfassend regeln soll, ist § 83 Nr. 6 ZVG, wonach der Zuschlag dann zu versagen ist, wenn die Zwangsversteigerung oder die Fortsetzung des Verfahrens aus einem sonstigen Grunde unzulässig ist. Einen solchen Fall hat der BGH angenommen.

Der BGH hat ausgeführt, dass die Hürde, ab der ein Fall der Unzulässigkeit der Fortsetzung des Verfahrens hoch ist. Jedoch sei aufgrund des mit dem Zuschlages im Versteigerungsverfahren verbundenen Eingriffs in das Eigentumsrecht gem. Art. 14 GG Voraussetzung für einen Zuschlag, dass die Gerichte die Rechtsschutzmöglichkeiten des Schuldners wahren und eine faire Verfahrensführung, die den rechtsstaatlichen Anforderungen entspricht, gewahrt wird. Die faire Verfahrensführung diene der Verhinderung einer Verschleuderung von Grundvermögen, was unabhängig davon gelte, ob es sich um eine Zwangsversteigerung im Rahmen einer Zwangsvollstreckung handelt oder um eine Teilungsversteigerung.

Diese Voraussetzungen seien dann nicht mehr erfüllt, wenn ein Beteiligter sich unlauter verhalte und im Zwangsversteigerungstermin andere Bietinteressenten von der Abgabe eines Gebotes abhälte, um das Grundstück selbst günstig zu erwerben. Dies gelte auch für eine Manipulation der Bietstunde durch den mitbietenden Eigentümer. Eine solche Manipulation liege nicht bereits dann vor, wenn der Eigentümer interessengerechte Angaben zu dem Versteigerungsobjekt mache und die vom Gesetz eröffneten Möglichkeiten wahrnehme, Vollstreckungsschutzanträge zu stellen oder auch Erinnerung gegen die Zwangsversteigerung einzulegen. Jedoch werde die Grenze zu einem rechtsmissbräuchlichen Fall dann überschritten, wenn der Miteigentümer durch sein Verhalten in dem Versteigerungstermin in manipulativer Weise in die Konkurrenz der Bieter eingreift, um das Grundstück selbst günstig zu ersteigern. Wenn er aufgrund der Manipulation des Verfahrens andere Interessenten von der Abgabe eines höheren Gebotes abgehalten habe, sei der Zuschlag mit dem Gebot der fairen Verfahrensführung nicht mehr vereinbar. Dies gelte bei falschen oder die wahre Sachlage verzerrenden Erklärungen eines Miteigentümers im Versteigerungstermin. Die in der tatrichterlichen Gesamtschau protokollierten Vorgänge rechtfertigen die Annahme, dass Bietinteressenten von der Abgabe von Geboten abgeschreckt werden sollten, damit der Miteigentümer das Grundstück selbst günstig ersteigern konnte. Voraussetzung ist allerdings für die Versagung des Zuschlags nach § 83 Nr. 6 ZVG, dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich das Verhalten des Eigentümers nachhaltig auf die Abgabe von Geboten ausgewirkt habe.

In der Gesamtschau hat der BGH  bejaht, dass eine Manipulation des Miteigentümers vorlag, so dass die Zuschlagsversagung zurecht ausgesprochen wurde. Der Entscheidung ist uneingeschränkt zuzustimmen. Allerdings ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer jedenfalls faktisch für einen Zeitraum von fast zwei Jahren die Versteigerung aufgehalten hat, da der Versteigerungstermin spätestens im Herbst 2022 stattgefunden hatte und aufgrund der Rechtsmittel erst im Juli 2024 eine nicht mehr anfechtbare Entscheidung des höchsten Deutschen Zivilgerichts, des BGH, ergangen ist.

Für den Fall, dass ein Beteiligter in einem Versteigerungsverfahren später geltend machen will, dass eine Manipulation durch einen anderen Beteiligten stattgefunden habe, ist seitens einer anderen Partei darauf hinzuwirken, dass der die Versteigerung leitende Rechtspfleger alle Umstände, die auf eine Manipulation hinweisen, in das Protokoll aufnimmt, da im Wesentlichen nur solche Aspekte in den Rechtsmittelinstanzen einer etwaigen Entscheidung zugrunde gelegt werden können, die in dem Protokoll erfasst sind.

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