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Rechtsanwalt Jens Plümpe

Rechtsanwalt Jens Plümpe, LL.M. (Lond.)
· Fleyer Str. 89 · 58097 Hagen
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Update: Löschungsfristen Schufa & Co.

Jens Plümpe
02. April 2023

Der Hintergrund:

Im Anschluss an die beiden hier bereits in jeweils kurzer Zusammenfassung erörterten Entscheidungen des Verwaltungsgerichts (VG) Wiesbaden und des Oberlandesgerichts (OLG) Schleswig ist ein wichtiges aktuelles Update angezeigt. In diesen Entscheidungen geht es jeweils um die Frage, wie lange Auskunfteien – in dem dem EuGH vorliegenden Fall die Schufa – die Erteilung der Restschuldbefreiung in seinen Datensätzen ohne Zustimmung der Betroffenen speichern und Dritten zur Verfügung stellen darf.

Das VG Wiesbaden hat in der von ihm zu entscheidenden Sache keine Endentscheidung getroffen, sondern die Sache zur Vorabklärung europarechtlicher Fragen dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt. Über dieser Vorlage muss der EuGH befinden - und wie so oft hilft dem deutschen Bürger auch jetzt wieder das Europarecht.

Das Votum:

Denn der Generalanwalt beim EuGH, der die Urteile des Gerichts jeweils durch ein umfangreiches Votum vorbereitet, vertritt in seinem Votum (https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text&docid=271345&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir&occ=first&part=1&cid=3252360 ) – soweit hier von Interesse ist – zwei Rechtsmeinungen, die die Praxis der Datenspeicherung durch Schufa & Co. Wesentlich beeinflussen wird.

Erstens kommt der Generalanwalt zu dem Ergebnis, dass nach Würdigung aller relevanten Gesichtspunkte, dass die erheblichen negativen Folgen, die die Speicherung der Daten für die betroffene Person nach Ablauf von sechs Monaten hat, gegenüber dem geschäftlichen Interesse des privaten Unternehmens und seiner Kunden an der Speicherung der Daten nach diesem Zeitraum überwiegen (Erwägungsgrund 75). Daraus folgt, dass die Speicherung nach Ablauf von sechs Monaten ohne Weiteres rechtswidrig wird.

Zweitens kommt der Generalanwalt zu dem Ergebnis, dass es die Sache des vorlegenden Gerichts – also des VG Wiesbaden – ist, zu prüfen, ob nicht auch während der ersten sechs Monate, in denen die Erteilung der Restschuldbefreiung in staatlichen Registern eingetragen und einsehbar ist, ein Verbot der Datenspeicherung und -verwendung bei Schufa & Co. greift (Erwägungsgrund 78 ff). Denn für diese Speicherung und Verarbeitung der Daten müssen die Voraussetzungen gem. Art. 6 Abs. a DSGVO vorliegen. Danach muss der ursprüngliche Zweck der Datenspeicherung mit dem verfolgten der Auskunftei vereinbar sein. Der Generalanwalt macht deutlich, dass er es für unwahrscheinlich hält, dass die Datenspeicherung während der ersten sechs Monate zulässig ist. Er weist u. a. darauf hin, dass die Erteilung der Restschuldbefreiung einen typischerweise lange zurückliegenden Zeitraum der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners beschreibt, der durch die Restschuldbefreiung beendet ist. Und die Erteilung der Restschuldbefreiung soll gerade einen unbelasteten wirtschaftlichen Neubeginn ermöglichen, den die als Negativmerkmal verstandene Erteilung der Restschuldbefreiung erschwert. Dem Generalanwalt ist insbesondere zu diesem Punkt vollkommen recht zu geben. Aus der Rechtsmeinung des Generalanwalts ergäbe sich ein Recht auf sofortige Löschung der bisher jeweils eingetragenen Erteilung der Restschuldbefreiung. Dieser zweite Aspekt bleibt in der bisherigen Berichterstattung über das Votum des Generalanwalts völlig unberücksichtigt.

Am Rande ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die Aufsichtsbehörde der Schufa, der „Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit“, die Datenspeicherung der Schufa gedeckt hat. Dass ein für Datenschutz Verantwortlicher, der insbesondere die Rechte der VerbraucherInnen im Blick haben sollte, die jahrelange Speicherung der Schufa gedeckt und gefördert hat, ist als durchaus anstößig zu rügen.

Die Folgen:

Die Schufa hat bereits reagiert. Sie hat angekündigt, die Erteilung der Restschuldbefreiung in jedem Fall nach sechs Monaten ab Eintrag zu löschen (https://www.schufa.de/ueber-uns/presse/pressemitteilungen/schufa-loescht-restschuldbefreiung-sechs-monaten/ ).

Sie zitiert hierzu einen Ihrer Vorstände wie folgt: „Mit unserer Entscheidung schaffen wir Klarheit und Sicherheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Wir ermöglichen so den Restschuldbefreiten einen schnellen wirtschaftlichen Neustart.“ Nachdem die Schufa über viele Jahre die Rechte der VerbraucherInnen mit Füßen getreten und den wirtschaftlichen Neubeginn aktiv verhindert hat, ist diese Begründung als blanker Hohn zu bezeichnen. Die Schufa verhindert mit ihrer Entscheidung lediglich eine Klagewelle gegen ihre rechtswidrige Praxis – das ist der Grund ihres Sinneswandels.

Ob andere Auskunfteien auch ihre Praxis überdenken und Löschungen veranlasst haben, steht zur Zeit noch nicht fest.

Die Aussicht:

Der EuGH wird dem Generalanwalt folgen. Das Urteil, das voraussichtlich noch in diesem Jahr ergehen wird, wird in der Rechtspraxis gleichermaßen zumindest faktisch auf andere Auskunfteien anzuwenden sein.

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Zum Thema:

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