Skip to main content
Rechtsanwalt Jens Plümpe

Rechtsanwalt Jens Plümpe, LL.M. (Lond.)
· Fleyer Str. 89 · 58097 Hagen
Tel.: +49 - 23 31 - 36 38 992
· Fax: +49 - 23 31 - 36 38 994 
· E-Mail: infoatra-pluempe.de

§ 850 a Ziff. 1 ZPO – die Pfändbarkeit der Mehrarbeitsvergütung

Jens Plümpe
27. November 2022

LG Wuppertal, Beschl. 22.12.2021 – 16 T 188/21

Das Landgericht Wuppertal hatte in seinem Beschluss darüber zu befinden, unter welchen Umständen ein Arbeitsentgelt, das für Stunden gezahlt wird, die über die vereinbarte Arbeitszeit bei einem Hauptarbeitgeber hinaus bei einem anderen Arbeitgeber geleistet wurde, gem. § 850 e ZPO bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens zu berücksichtigen ist. Dies wäre für die Hälfte des erzielten Nettoentgelts dann der Fall, wenn die Vergütung für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlt wird, § 850a Ziff. 1 ZPO.

Bei seinem Hauptarbeitgeber arbeitete der Schuldner 35 Stunden/Woche, bei dem Zweitjob 5 Stunden/Woche. Der Schuldner war der Ansicht, dass die Vergütung aus dem Zweitjob begünstigt sei gem. § 850 a Ziff. 1 ZPO. Das Landgericht Wuppertal sah dies anders. Mehrarbeit im Sinne des § 850 a Ziff. 1 ZPO liege nur dann vor, wenn der Schuldner mehr als die „allgemein übliche Vollarbeitszeit“ arbeite. Diese betrage 40 Stunden/Woche. Da in einem Insolvenzverfahren der Schuldner regelmäßig dazu verpflichtet sei, während des Insolvenzverfahrens eine Vollzeitstelle oder sich um eine solche zu bemühen, sei der Zweitjob mit 5 Stunden/Woche nichts anderes als das pflichtgemäße Bemühen um eine Vollzeitstelle und es läge also keine Mehrarbeit im Sinne der Vorschrift vor.

Diese Entscheidung dürfte nur im Ausgangspunkt richtig sein. Nicht jede Stunde, die über bspw. eine Halbtagsstelle ausnahmsweise hinausgearbeitet wird, ist „Mehrarbeit“ im Sinne des § 850 a Ziff. 1 ZPO. Sähe man dies anders, stünde es im Belieben von Arbeitnehmer und Arbeitgeber Mehrarbeit, für die pfändungsprivilegiertes Einkommen gezahlt werden kann, selbst zu definieren. Jedoch ist die Annahme des Landgerichts, dass es eine „allgemein übliche Vollarbeitszeit“ von 40 Stunden/Woche gäbe, unzutreffend. So sieht der TVöD in § 6 für Beschäftigte des Bundes eine regelmäßige Arbeitszeit von 39 Stunden/Woche vor und für Angestellte der Mitglieder der VKA im Tarifgebiet 38,5 Stunden/Woche. Die nicht verbeamteten ArbeitnehmerInnen in den Justizbehörden arbeiten also keine 40 Stunden/Woche! In der Metall- und Elektroindustrie und in der Holz- und Sägeindustrie beträgt die Regelvollarbeitszeit 35 Stunden/Woche. Diese Daten und die dahinterstehende gesellschaftlich akzeptierte Wertung wäre vom Landgericht zu berücksichtigen gewesen. Wenn der Schuldner demzufolge 35 Stunden/Woche an seinem Hauptarbeitsplatz beschäftigt ist, ist er vollbeschäftigt und die darüberhinausgehende Tätigkeit Mehrarbeit. 

Rechtsanwalt Jens Plümpe, LL.M. (Lond.)
· Fleyer Str. 89 · 58097 Hagen
Tel.: +49 - 23 31 - 36 38 992
· Fax: +49 - 23 31 - 36 38 994 
· E-Mail: infoatra-pluempe.de