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Rechtsanwalt Jens Plümpe

Rechtsanwalt Jens Plümpe, LL.M. (Lond.)
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Hoffnung für Lehman-Anleger

Jens Plümpe
09. Dezember 2009

Am 15.01.2007 hat die Sparkasse Frankfurt eine erste große Vermarktung der sog. Lehman-Zertifikate begonnen. Eine Vielzahl anderer deutscher und auch ausländischer Großbanken mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland, haben dieses Geschäftsfeld kurz darauf für sich erschlossen.

Nachdem die Lehman-Bank mitsamt ihren europäischen Töchtern im September 2008 insolvent geworden ist, haben diese Anleihen einen Großteil ihres Wertes verloren wenn sie nicht gleich mit Ausnahme einer geringen zu erwartenden Insolvenzquote vollkommen wertlos geworden sind. In der Folgezeit haben viele Anleger gegen ihre Banken Klage erhoben, bei denen sie diese Zertifikate, deren alleiniger Schuldner die Lehman-Bank einschließlich ihrer Töchter gewesen ist. Eine Vielzahl dieser Klagen ist erfolgreich.

Gestützt werden diese Klagen im Wesentlichen darauf, dass den Kunden Produkte verkauft worden sind, die sie nicht verstanden haben und darauf, dass sie weder über die Risiken aus der jeweiligen Geldanlage noch über die Vorteile, die die jeweilige Hausbank aus dem Verkauf gehabt hat, aufgeklärt worden sind.

Aus der Vielzahl der Entscheidungen seien hier lediglich zwei hervorgehoben:

1.

Das Landgericht Hamburg hat am 23.09.2009 entschieden, dass eine Bank dann ihre Verpflichtungen aus einem Beratungsvertrag mit ihrem Kunden verletzt, wenn sie einem Kunden eine Inhaberschuldverschreibung einer ausländischen Investmentbank (gemeint ist die Lehman-Bank) verkauft und als sicher empfiehlt, wenn die Rückzahlung des Zertifikats lediglich durch die Garantie einer US-amerikanischen Holding abgesichert ist und die Anlage keinem Anlagensicherungssystem unterliegt.

In dem vom Landgericht Hamburg zu entscheidenden Sachverhalt ist es so gewesen, dass der Kläger und seine Ehefrau sich von der eigenen Hausbank hinsichtlich der Anlage eines Teilbetrages in Höhe von 10.000,00 € hatten beraten lassen. Der Kläger hatte in dem Beratungsgespräch deutlich gemacht, dass diese Anlage für ihn einen Teil seiner Altersversorgung darstelle und er deshalb eine sichere Geldanlage benötige. Die Bankberaterin empfahl das Lehman-Zertifikat, weil diese mit einem einhundertprozentigen Kapitalschutz ausge-stattet sei. In dem Beratungsgespräch ist zwischen dem Kläger einerseits und der Bankbera-terin andererseits sogar tatsächlich die Sicherheit der Anlage thematisiert worden. Beide betrachteten das Risiko eines Totalverlustes aufgrund einer Insolvenz der Lehman-Bank als etwa so unwahrscheinlich an, wie eine Insolvenz der Deutschen Bank.

Das Landgericht Hamburg hat entschieden, dass unabhängig davon, ob der Kläger nun sich vorgestellt hat, dass es in etwa ein Sicherungssystem für seine Anlage gebe, wie dies in Einlagensicherungssystemen für normale Bankanlagen der Fall ist, die Bank für den eingetreten Schaden hafte. Entscheidend für die Verletzung des Bankberatungsvertrages sei es alleine, dass nicht ausdrücklich seitens der Bankberaterin darauf hingewiesen wurde, dass es ein solches Einlagensicherungssystem eben nicht gebe, denn selbst wenn beide Seiten sich darüber einig gewesen seien, dass eine Insolvenz der Lehman-Bank unwahrscheinlich sei, so sei in dem vergleichbaren Fall einer Insolvenz der Deutschen Bank jedenfalls ein Rück-griff auf die Einlagensicherungssysteme möglich.

Die Bank kann sich auch nicht damit herausreden, dass eine Garantie der amerikanischen Mutter vorgelegen habe, weil es etwa aus der seinerzeitigen Sicht lediglich theoretisch möglich gewesen sei, dass die Lehman-Bank pleite gehen würde. Denn, so das Gericht, es sei historisch gesehen immer wieder der Fall gewesen, dass auch große Banken pleite gingen. Bei der Insolvenz der Lehman-Bank handelt es sich eben nicht um eine Naturkatastrophe, die keinesfalls hätte vorhergesehen werden können.

Die beratende Bank kann sich auch im Nachhinein nicht damit herausreden, dass es auch deswegen als ausgeschlossen erscheinen durfte, dass die Lehman-Bank pleite gehen würde, weil diese zu groß gewesen sei, als dass der amerikanische Staat eine solche Insolvenz hätte zulassen dürfen („too big to fail“) Selbst wenn, so das Landgericht, es eine politische Fehlentscheidung der US-amerikanischen Regierung gewesen sei, die Bank insolvent gehen zu lassen, so könne doch eine solche politische Fehlentscheidung, wenn es denn eine gewesen sei, nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Insolvenzrisiko als solches dadurch nicht entfalle. Von daher sei der Hinweis der Bankberaterin, dass die Insolvenz der Lehman-Bank lediglich ein theoretisches Risiko dargestellt habe, fehlerhaft gewesen.

Zuletzt, so das Landgericht, sei es auch fehlerhaft gewesen, nicht ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass ein Einlagensicherungssystem wie für gewöhnliche Bankanlagen nicht greifen würde.

Zusammenfassung: Sofern ein Kunde heute nachweisen kann, dass er eine sichere Anlage von seinem Bankberater gefordert hat und wenn weiter die Bank nicht beweisen kann, dass sie auch tatsächlich über das Fehlen von Einlagensicherungssystemen hinreichend aufgeklärt hat, so bestehen gute Aussichten, den Schaden im Klagewege von der jeweils seiner-zeit das Papier empfehlenden und hierüber beratenden Bank wieder zurückzuerhalten. Die vom Landgericht Hamburg entschiedene Konstellation dürfte eine äußerst häufig auftretende, also typische Konstellation betreffen. Voraussetzung ist allerdings für die Geltendmachung eines solchen Anspruchs, dass nach den vertraglichen Beziehungen zwischen dem Kunden einerseits und seiner Bank andererseits tatsächlich von einem Beratungsvertrag ausgegangen werden darf. Dies ist regelmäßig der Fall, es sei denn die Geschäftsbeziehungen zwischen dem Kunden und seiner Bank entsprechen denen einer typischen Online-Bank, in der der Kunde auf Beratung ausdrücklich verzichtet hat.

2.

Das Landgericht Gießen hat einer entsprechenden Klage eines ebenfalls geschädigten Anlegers auf einer ganz anderen Basis stattgegeben. Hier hatte das Gericht zu entscheiden über einen Fall, in dem über die Risiken durch die Bank hinreichend aufgeklärt worden ist. Das Landgericht konnte eine Verletzung der Pflicht zur anlegergerechten Beratung nicht er-kennen, sie ist jedenfalls nicht bewiesen worden. Der Klage wurde gleichwohl stattgegeben. Denn das Gericht hat eine Pflichtverletzung der beklagten Bank darin gesehen, dass dem Kläger nicht mitgeteilt worden war, dass die Bank für den Verkauf der Lehman-Zertifikate eine Provision in Höhe von 4,5 % der Anlagesumme erhalten hat. Das Landgericht beruft sich insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der die beratende Bank ihren Kunden darüber aufklären muss, dass sie eine verdeckte Rückvergütung aus den Ausgabeaufschlägen und auf die jährlichen Verwaltungsgebühren erhält. Denn, so der Bundesgerichtshof, erst dann kann der Kunde beurteilen, ob die Anlageempfehlung alleine in seinem Kundeninteresse liegt oder eher im Interesse der Bank, die möglichst hohe Rückvergütungen erwirtschaften möchte. Nach der Auffassung des Landgerichts Gießen ist diese Rechtsprechung auf den Fall der Zahlungen von Provisionen voll umfänglich zu übertragen, weil auch insoweit die Gefahr bestehe, dass die Anlageempfehlung nicht allein im Interesse des Kunden an einer anleger- und objektgerechten Beratung erfolgt, sondern im Interesse der beratenden Bank.

Zusammenfassung: Auch dann, wenn eine anleger- und objektgerechte Beratung seitens der Bank erfolgt ist (das Gegenteil jedenfalls seitens des Klägers nicht bewiesen werden kann!), ist die Möglichkeit gegeben, erfolgreich gegen die verkaufende Bank vorzugehen. Über die Entscheidung des Landgerichts hinaus wird man die entscheidenden Gründe so verstehen müssen, dass zumindest möglicherweise auch solche Erwerbsvorgänge erfasst sind, die von Banken durchgeführt werden, die die entsprechenden Zertifikate lediglich in ihr Online-Angebot stellen, wenn sie nicht zugleich in der gehörigen und erforderlichen Form darüber aufklären, dass sie durch den Verkauf aus den Erlösen eigene unmittelbare Vorteile erlangen.

Es ist abschließend folgender Hinweis anzubringen: Aufgrund der gesetzlichen Verjährungsvorschriften, die regelmäßig eine Frist von drei Jahren für den Ablauf der Verjährung vorsehen, ist dringend dazu zu raten, nunmehr unverzüglich die erforderlichen Schritte einzuleiten. Verbraucherschützer warnen davor, dass allzu viele Kunden aus Angst vor ihren jeweiligen Hausbanken zu lange zögern werden bis sie ihre entsprechenden Ansprüche geltend machen. Der Rat muss dahingehend lauten, dass unverzüglich die Banken dazu aufgefordert werden, auf die Einrede der Verjährung für den Fall einer späteren gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche der Anleger zu verzichten. Diese Aufforderung ist sorgfältig zu formulieren und auf einen möglichst konkret zu formulierenden Anspruch zu beziehen. Hierbei wird Ihnen jeder für die Bereiche Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierte Rechtsanwalt gerne helfen.

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